Bundesfinanzhof: Abzugsverbot für Ausbildungskosten ist verfassungswidrig

Aufwendungen für eine Erstausbildung werden nach dem Einkommensteuergesetz nur als Sonderausgaben berücksichtigt. Die steuerliche Auswirkung läuft vor allem bei Studenten regelmäßig ins Leere. Das hält der Bundesfinanzhof für verfassungswidrig und hat deshalb in seinen am 5. November 2014 veröffentlichten Urteilen die Regelung dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (Az. VI R 2/12, 8/12). Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine erläutert die Hintergründe und was Auszubildende jetzt beachten müssen.

 

Die aktuelle Entscheidung setzt eine mehr als zehn Jahre dauernde Auseinandersetzung zwischen dem höchsten deutschen Steuergericht und dem Gesetzgeber fort. Bereits 2002 hatte der Bundesfinanzhof festgestellt, dass Ausbildungskosten als vorweggenommene Werbungskosten absetzbar sein müssen.  Auch Aufwendungen, die erst einer zukünftigen Erwerbstätigkeit dienen, gehören zu den Werbungskosten. Da die späteren Einnahmen steuerpflichtig sind, müssen die zugehörigen Aufwendungen abgezogen werden, auch wenn sie vorab anfallen.

 

Um Steuerausfälle zu vermeiden, hatte der Gesetzgeber bereits nach den ersten Entscheidungen mit einer Gesetzesänderung ab dem Jahr 2004 die Aufwendungen der ersten Berufsausbildung vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Erst nachfolgende Ausbildungen führen zum Werbungskostenabzug. Gegen diese Einschränkung richtete sich Widerstand, da der anstatt der Werbungskosten gewährte Sonderausgabenabzug den meisten Steuerpflichtigen keinerlei Vorteile bringt. Nur wer während der Ausbildung bereits über eigenes Einkommen oberhalb des Existenzminimums verfügt, profitiert vom Sonderausgabenabzug.

 

Die Klagen gegen das Abzugsverbot hatten Erfolg. 2011 entschied der Bundesfinanzhof erneut, dass unabhängig von der seit 2004 geltenden Gesetzesänderung auch die Erstausbildungskosten zu den Werbungskosten gehören. Daraufhin wurde das Einkommensteuergesetz zum zweiten Mal, rückwirkend bis 2004, geändert. Das Abzugsverbot wurde bekräftigt und als „Entschädigung“ der Sonderausgabenabzug von bisher 4.000 Euro auf 6.000 Euro pro Jahr erhöht. Vorschläge wie die vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine, Aufwendungen der ersten Berufsausbildung bei den Eltern zu berücksichtigen, die die Kosten meist ohnehin tragen, blieben unberücksichtigt.

 

Da auch die Erhöhung des Sonderausgabenabzugs in den meisten Fällen keinen Vorteil bringt, waren erneute Klagen unausbleiblich. Und wiederum mit Erfolg. Der VI. Senat im Bundesfinanzhof hat zum dritten Mal seine Rechtsauffassung bekräftigt und nunmehr das Abzugsverbot dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

 

Sollte das Verfassungsgericht die Auffassung des Bundesfinanzhofs bestätigen, können die Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht und in späteren Jahren, nach Eintritt in die Berufstätigkeit, steuermindernd berücksichtigt werden. Studenten und andere Auszubildende sollten sich die Chance wahren und von der Finanzverwaltung einen Verlust feststellen lassen, wenn ihre Einnahmen, beispielsweise aus einer Nebentätigkeit, geringer als die Ausbildungskosten sind. Die Verlustfeststellung muss beantragt werden, bevor die vierjährige Festsetzungsverjährung abgelaufen ist. Ob ein Verlust gegebenenfalls bis zu sieben Jahre rückwirkend beantragt werden kann, muss der Bundesfinanzhof noch entscheiden (Aktenzeichen IX R 22/14).

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